In Richtung kunsthistorischer Bezüge: Farbe im Süden
Die Südwand der Halle verweist über Farbmuster auf Architekturprojekte Harald F. Müllers, die in der Welt realisiert wurden und verbindet so die Halle mit anderen Architekturen. Diese papiergetragenen Farbmuster sind Zeugen der engen Zusammenarbeit mit der herstellenden Firma Sax-Farben Schweiz, sowie mit Bauherren, Nutzern und Architekten: Sie sind Vorläufer und Relikte architekturbezogener Farbgebung.
- das strahlende Blau des Audimax der Universität Stuttgart (2021)
- das Cyanblau des Bundeshöchstleistungsrechenzentrums der Universität Stuttgart, HLRS (2017, Universitätsbauamt der Universität Stuttgart)
- das helle Grün der Université Paris-Saclay (2017, Gigon/Guyer Architekten, Zürich)
- ausgezeichnet mit dem Deutschen Hochschulbaupreis: das Schwarz der Zeppelin University, Friedrichshafen (2018, as-if Architekten, Berlin)
- das lichte Gelb des Google Headquarter in Zürich (2012, Züst, Gübeli und Gambetti, Architekten, Zürich)
- das tragende Grau der Wandfarbe der Sammlung Oskar Reinhart am Römerholz in Winterthur, Schweiz (2012)
- das leichte Erdbeerrot vom Bröelberg I-Projekt in Kilchberg (1996, Gigon/Guyer Architekten, Zürich)
Die Verteilung der Farben auf der strahlenweißen Wandfläche funktioniert aber auch per se als Wandbild, als große fortsetzbare Komposition. Die Farben verweisen durch ihre musterhafte Form in einen anderen Zusammenhang und sie strahlen auch hier in der Halle ausgehend von kleinen Flächen in den Raum. Man kann sich Favoriten aussuchen, darüber austauschen, welche Farbe einem wie gut gefällt, die Wirkung größerer Flächen imaginieren und sich schließlich von Abbildungen der Realisierungen beeindrucken oder zu Reisen an ihre Orte anregen lassen. Überraschungen sind in diesem Austauschprozessen zu erwarten und das Denken von Farbräumen ist ein besonderes ästhetisches Erlebnis.
Ines Zahler
Der Fauvist Henri Matisse gehört ebenso wie Tizian, Paul Cézanne, Le Corbusier oder Mark Rothko zu den grossen Farbmagiern der Kunstgeschichte, mit denen sich Müller immer wieder intensiv auseinandersetzt. So ist in seinem Atelier eine riesige Sammlung von Farbpigmenten zu bestaunen, mit deren Wirkung der Künstler vielfach experimentiert. Obwohl er sich nicht als Maler versteht, verwandelt Harald F. Müller durch den grossflächigen Einsatz von präzis ausgewählten Farben die Ausstellung MONDIA in einen Suggestivraum, in dem sich Besucherinnen und Besucher grundsätzliche Fragen zu Bild, Raum und Wahrnehmung stellen müssen. Etwa: Welche Farben sind mit Begriffen benennbar? Wann entzieht sich Farbigkeit einer rationalen Verständlichkeit? Wann werden Farbflächen zu rein visuellen Erfahrungen, deren Sinnlichkeit nicht kommuniziert werden kann?
Markus Landert