Stratozero - Halle und Hall offener Prozesse
Für die Ausstellung MONDIA hat Harald F. Müller ein neues Format geschaffen, das heterogene Ausstellungsorte und -arten miteinander verbindet. In der Kartause Ittingen wird die Schau MONDIA nach achtmonatiger Laufzeit im Sommer 2022 abgebaut werden - wie jede museale Ausstellung ist auch die Ittinger Schau retrospektiv. Die anderen beiden Teile des hybriden Ausstellungstriptychons, die Halle Stratozero und die virtuelle Ausstellung auf stratozero.net/mondia wie auch besonders die Moving Images von Fabian Winkler, bleiben veränderlich. Die Halle Stratozero ist der Ort gegenwärtigen wie künftigen Schaffens und zahlreicher intensiver Kollaborationen. Die Webpräsenz der Ausstellung bietet neue Möglichkeiten der Präsentation, globale Zugänge und zukünftige Anschlussfähigkeit.
Interdisziplinäres Denken, offene Kunstformen, Mehrwert Intuition, think tank - in enger Kooperation mit Architekten, Wissenschaftlern und Kollegen arbeitet Harald F. Müller seit langem mit dieser Öffnung. Und so hat er im Austausch mit Architekten im Singener Industriegebiet einen elegant unglamourösen Zweckbau errichtet, um Möglichkeiten ausschöpfbar zu machen. Die Halle Stratozero ist kein gewöhnliches Atelier, sondern die Schnittmenge jahrzehntelanger Kooperationserfahrung und der gelebten Überzeugung, dass Kollaborationen zukunftsweisend nachhaltig nachhallen.
Bei dichtverflochtenen Ortsbezügen ist der Ort zugleich egal, wichtig ist die konzeptuelle Öffnung als Labor, in dem offene Prozesse gleichermaßen katalysierend und fokussierend ineinander über- und aufgehen. Als Gedankenmodell ist dieser Möglichkeitsort ohne Erfüllungszwang bedingungslos uneindeutig. Intuitives Agieren, soziale Interaktionen, Nachdenken über das Potenzial von Kunst und interdisziplinärer Gestaltung brauchen Raum. Gemeinsam eine Sprache zu entwickeln ist ein bewusster Prozess, auf den sich einlässt, wer die Wahrheit im Zwischen sucht und den Mehrwert fruchtbarer Zusammenarbeit anstrebt. In Stratozero ist die Gegenwart verortet und räumlich verdichtet. Bindeglied der unterschiedlichsten Elemente, die konzeptuell eins sind, ist die Bildwelt und Farbe in ihrer überwältigend sinnlichen Qualität. Dichter kann die Welt mit ihren spannungsreichen Zwischenräumen wohl kaum kondensiert werden. MONDIA ist eine Einladung zur Teilnahme an dieser modellhaften Welt, zur Partizipation am Konzept Stratozero und dazu, mit grundsätzlicher Offenheit weiterzudenken.
Ines Zahler
Mit Guido Kasper, dem Informatiker Patrick Jungk aus Stuttgart oder Fabian Winkler, Professor für Medienkunst an der Purdue University in den USA, pflegt Harald F. Müller regelmässige Kollaborationen. In Projekten wie dem Elektrocut oder der Präsenz von MONDIA im Internet - gestaltet von Fabian Winkler - löst sich die traditionelle Vorstellung von Autorschaft auf. Das Kunstwerk wird zu einem dynamischen Prozess, in dem Austausch und Erkenntnisgewinn wichtiger sind als die Herstellung eines Produkts.
So versteht Harald F. Müller auch seinen Arbeitsraum stratozero in Singen schon lange nicht mehr nur als Atelier, sondern als Bereich des gesellschaftlichen Austauschs, der Bildung und Forschung. Die Halle versteht er ebenso wie seine Arbeiten im öffentlichen Raum als einen integralen Teil der Ausstellung MONDIA, wodurch diese weit über das Museum hinausgreift. Zudem verlagert sich die Auseinandersetzung mit den Werken von Harald F. Müller in www.stratozero.net/MONDIA ins Internet und überwindet die Beschränkung des realen Ortes endgültig: MONDIA.
Markus Landert