STRATO-ZERO
(Montage: Martin Merschroth)
Eine grüne Tafel schwebend vor dem Eingang des Kunstmuseums markiert den Eingang des Museums und öffnet die Ausstellungsräume in den Stadtraum - in Abstimmung mit der Stadt Singen hat Harald F. Müller im Auftrag des Kunstmuseums Singen eine Tafel entwickelt, die anstelle des bisherigen die gesamte Straße überspannenden Banners über einem Teil des Verkehrswegs vor dem Kunstmuseum schwebt.

Mit seiner hervorragenden Infrastruktur hat sich Singen als Standort erfolgreicher Industrieunternehmen etabliert und steht für Zukunftsfähigkeit und Mobilität. Zugleich präsentiert sich die Stadt erfolgreich als Stadt der Kultur - signalrot sichtbar vor einer schwarzen Wand an der Feuerwache. Die Verbindung von Kunst und Mobilität ist die Klammer, die diese Arbeit mit dem sehr prominenten Werk SINGEN von Harald F. Müller verbindet, ihr ein Gegenstück zur Seite stellt und den Mobilität thematisierenden Ansatz auf ganz andere Weise aufgreift, um den Eingang des Kunstmuseums zu inszenieren.

Die Ausstellungsfläche und Kunstsammlung der Stadt Singen ist in den ersten drei Stockwerken des ehemaligen Hanse Hauses untergebracht. Die Fassade des Gebäudes wurde großflächig mit wolkig-himmelblauen Alucobond-Tafeln verkleidet, der Eingangsbereich ist unscheinbar, für ortsfremde Besucher nicht leicht auszumachen. Der Raum vor dem Kunstmuseum ist begrenzt, dem Besucher zeigt sich ein verwirrend vielteiliges Bild aus funktionalen Hinweisschildern. Straße, Parkraum und Gehweg vor dem Kunstmuseum sind mit allerlei nützlichen und notwendigen Objekten bestückt, hier würde ein Werk wenig Platz finden, vielleicht auch unangenehm störend wirken und vor allem in seiner Wirkung und der Wahrnehmung sehr eingeschränkt werden.

Daher soll über die Ekkehardstraße nun ein Werk gesetzt werden, das auf den Eingang des Museums verweist, indem es den freien Raum vor dem Museum mit dem Platz auf der anderen Straßenseite verbindet. Fast beiläufig setzt das Werk einen Signalpunkt, der die Aufmerksamkeit auf das Straßengeschehen nicht beeinträchtigt, vielmehr wird die vielteilige Straßensituation optisch beruhigt und erst auf den zweiten Blick irritiert. Verankert auf der dem Museum gegenüberliegenden Straßenseite, schwebt die Skulptur scheinbar über der Einbahnstraße, nimmt sich optisch zurück und lässt den Blick auf die dahinterliegende Kreuzung frei. Als homogene grüne Fläche ohne Aufschrift ist das Werk visuell ruhig und fügt sich angenehm in den Stadtraum.

Unser gesamtes Lebensumfeld ist geprägt von Schrift, sie ist auch im Stadtbild allgegenwärtig - dieses Werk braucht sie nicht. In vertrautem Grünton erobert die Tafel den Luftraum vor dem Kunstmuseum. Ohne es zu bezeichnen, verweist das prägnante Werk so auf das Kunstmuseum. Der ohnehin begrenzte Raum vor dem Museumseingang, wo die Platzierung einer Skulptur angedacht war, bleibt frei und öffnet das Museum zum Stadtraum hin.

Das weiß gerahmte grüne Rechteck bezieht sich zum einen verweisend auf das Museum mit seiner Bilderfülle, fungiert wie ein Green Screen als Platzhalter. Zugleich wird über die Form des Werks auch die Bedeutung der nahen Schweiz für Singen thematisiert. Das grüne Feld mit weißem Rahmen erinnert an ein Schild für lange Destinationen auf Schweizer Autobahnen. Gefertigt aus Singener Materialien Aluminium und Alucobond, betont das Werk außerdem den industriellen Reichtum Singens und grüßt durch seine Form mit einem freundlichen Augenzwinkern die Nachbarn jenseits der Grenze.

Wie die Stromtankstelle vor dem Kunstmuseum für neue Wege in der Mobilität steht, wird die visuell ruhig schwebende Skulptur für neue Wege in der Kunst stehen. Sie ist weder ein herkömmliches Hinweisschild noch eine traditionelle Skulptur. Als medial bespielbare Präsentationsfläche bietet sie sich für eine Erweiterung in den virtuellen Raum an und hat damit das Potenzial, Vorreiter zeitgemäßer Kommunikationskultur zu sein. Mit ruhiger kraftvoller Präsenz bündelt Diamond Grade die Aufmerksamkeit von Autofahrern wie Fußgängern mit ähnlicher Signalwirkung wie der vor 17 Jahren installierte SINGEN-Schriftzug - zukunftsfähig fortsetzbar.

Text: Ines Zahler

Bildmontage: Martin Merschroth

 
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